Es sind nur noch Sekunden auf der Uhr. Darmstadt versucht es mit einem tiefen Pass. Ein Ball, wie gemalt für Tim Edmonds. Der US-Import der Farmers fängt das Leder ab. Von jetzt an sind es noch 50 Yards bis in die Endzone. Eigentlich nicht möglich, gegen die physisch starken Diamonds. Doch Edmonds findet zehn von elf notwendigen Lücken. Keine zehn Yards sind es mehr bis in die Endzone. Darmstadts Quarterback Yannick Möbius ist der „last man standing“. Edmonds ist auch an ihm quasi schon vorbei, als die Hand von Möbius den Ball noch berührt. Ganz leicht nur, aber das reicht, um Edmonds das Leder aus der Hand zu bugsieren. Nur wenige Schritte fehlten zum Touchdown – eine Szene, symptomatisch für dieses Spiel. Die Fighting Farmers aus Montabaur gewinnen den Heimauftakt gegen aufstiegswillige Diamonds vor 700 Zuschauern mit 16:6, zeigen über vier Quarter eine bockstarke Leistung, setzen ein dickes sportliche Ausrufezeichen, lassen aber zu viele gute Chancen liegen. Wohl dem, der trotz eines so wichtigen Sieges noch Luft nach oben hat.
„Wir haben heute viel Arbeit investiert“, sagte Offense-Coordinator Elias Gniffke. „Wir wussten, dass es ein langer Weg werden würde. Und wir haben alle gemerkt, dass wir noch viel Arbeit investieren müssen, um Erfolg zu haben.“ Dabei ließ sich das Spiel richtig gut an. Gleich im ersten Offense-Drive machte man mit variablem Spiel viele Yards gut, brachte aber eben keine Punkte auf das Scoreboard. Am Ende des zweiten Drives, eingeleitet von einer Interception der Defense (Tim Edmonds), gab es zumindest ein 30-Yards-Fieldgoal von Pascal Rogawski zu bejubeln. Die wichtige 3:0-Führung, nachdem man das Leder in drei Versuchen zuvor aus kurzer Distanz nicht in der Endzone unterbringen konnte.
Dennoch: Das Potenzial der Offense blitze immer wieder durch, einzig in der Redzone fehlte die Konsequenz. Bezeichnend und irgendwie clever, den ersten Touchdown der neuen Saison daher aus einer größeren Distanz einzuleiten. Zunächst hatte Quarterback Christian Baader aus der Bedrängnis heraus den Ball über 35 Yards bei US-Receiver Damon Byrd anbringen können. Wenig später gelang Ähnliches in einem ausgespielten vierten Versuch über 25 Yards Distanz und zum Touchdown. „Damon war eigentlich schon auf einer anderen Route, hat dann aber gesehen, dass ich unter Druck gerate“, sagte Baader. „Es ist einfach unglaublich, wie sehr er auf das Spielgeschehen und mich als Quarterback achtet.“ Byrd machte sich wieder „anspielbereit“ und fing das tiefe Ding trotz Doppeldeckung. Pascal Rogawski verwandelte den anschließenden Zusatzpunkt zur 10:0-Pausenführung. In der sorgten unter anderem die Sensation Cheerleader aus Urmitz für beste Unterhaltung.
Und auch nach dem Seitenwechsel blieben die Farmers ein extrem unangenehmer Gegner. Immer wieder setzte die Defense Nadelstiche, ließ kaum Raumgewinn zu. Und selbst in den Specialteams gönnte man den Diamonds keinen Spaß. Auffälligster Akteur hier: Oliver Remer. Der hatte unter der Woche beruflich bedingt nicht trainieren können, durfte deshalb nur in den Specialteams ran – dort aber stoppte er die Gegner gleich mehrfach unsanft und sorgte damit unter anderem für einen Fumble, der Montabaur wieder in Ballbesitz brachte.
Die Vorentscheidung im dritten Quarter zugunsten der Westerwälder besorgte Running Back Zain Gower mit einem kurzen Lauf (6 Yards) in die Endzone. Es war der einzige Ausflug in die Redzone, den die Farmers an diesem Tag zum Touchdown nutzen. Der Zusatzpunkt von Pascal Rogawski wurde von Darmstadt stark geblockt. Auf der Gegenseite konnten die Diamonds nur ein einziges Mal die Verteidigung der Gastgeber knacken: Quarterback Yannick Möbius bediente mit einem langen Pass Cameron Countryman zum Touchdown (45 Yards). Die anschließende Two-Point-Conversion konnte Darmstadt nicht verwandeln.
„Wir wussten, dass uns gegen Darmstadt ein physisch hartes Spiel erwartet“, sagte Farmers-Headcoach Sebastian Haas. „Umso schöner, dass wir das Ding nach Hause gefahren haben. Wir sind heute sehr zufrieden, vor allem, wenn man bedenkt, dass wir in der Defense auf Cornerback mit drei Jungs gespielt haben, von denen keiner mehr als ein Jahr Football-Erfahrung hat. Die haben heute einen Höllenjob gemacht. Mit den Jungs werden wir in der Zukunft noch richtig viel Spaß haben. Wir haben ihnen heute das Vertrauen geschenkt und sie haben es 1000fach zurückgezahlt.“
Eine Beobachtung, die auch Daniel Kozak gemacht hatte, Defense-Coordinator der Darmstadt Diamonds. „Früher wusstest du: Lauf ist gegen die Farmers schwer, aber durch die Luft geht was. Heute ging auch da kaum was. Wir haben erst in der zweiten Halbzeit mit der Offense wirklich mitgespielt. Und dann wird es gegen ein Team wie Montabaur natürlich schwierig. Nur 16 Punkte zu kassieren ist gut, aber selbst nur 6 Punkte zu machen ist natürlich nicht so gut. Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“